Was is' das denn?
Puppenherd

Vor ca. 100 Jahren verwandelten viele Kinder aus bürgerlichen Familien in der Weihnachtszeit ihre Puppenstuben in lebhafte Miniaturküchen. Sie kochten für ihre Puppen, Freunde und die Familie – eine Welt im Kleinen, in der sie das Leben der Erwachsenen nachspielten.
Ihr habt richtig gelesen! Der Puppenherd, der um 1920 in einem Tübinger Haushalt genutzt und später dem Museum geschenkt wurde, war kein bloßes Spielzeug. Mit einem herausziehbaren und befüllbaren Spiritusbehälter konnten die Herdplatten und der Backofen tatsächlich beheizt werden. Ein aufsetzbares Ofenrohr sorgte für den Dunstabzug. Die Herdoberfläche war sogar verstellbar, sodass Töpfe unterschiedlicher Größe genutzt werden konnten.
Doch der Puppenherd war mehr als ein unterhaltsames Spielzeug: Er spiegelte die erzieherischen Vorstellungen des 19. Jahrhunderts wider. Damals galt das bürgerliche Ideal einer strikten Rollenverteilung. Das Spielen mit Puppen und Küchenutensilien war ein Mittel, um Mädchen für ihre zukünftige Rolle als Hausfrau und Mutter vorzubereiten.
Heute erfreuen sich Spielküchen und Puppenherde nach wie vor großer Beliebtheit – allerdings ohne Spiritusbehälter oder echte Flammen. Die modernen Modelle sind meist aus Kunststoff oder Holz gefertigt und das Kochen mit ihnen allein der Fantasie überlassen.
Puppenherd, um 1920.